Berufspolitik

Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen

laut einer Studie der Unternehmensberatung PwC wünschen sich 92 Prozent der Deutschen, Verwaltungsvorgänge online erledigen zu können. 78 Prozent nutzen die digitalen Angebote der Verwaltung bereits. Dem gegenüber nutzten 2017 - da wurden die Daten schon einmal erhoben - knapp zwei Drittel der Bürger die digitale Verwaltung. 84 Prozent der Befragten wünschen sich aktuell ein digitales Bürgerkonto, bei dem alle Verwaltungsvorgänge zentral zusammenlaufen. Hier sank die Zustimmung von 90 Prozent im Jahr 2017 auf nun 84 Prozent. Es wird vermutet, dass die Sorge um den Datenschutz dafür ursächlich ist. Aktuell wird passend dazu von der Politik in Berlin gefordert, einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen einzuführen. Gleichzeitig soll bei Nichteinhaltung dies mit Konsequenzen verknüpft werden.
Welche Erwartungshaltung mit der Einführung von Rechtsansprüchen erzeugt wird, kennen wir aus anderen Bereichen. Wir kennen in diesem Zusammenhang dann auch, wie das Vertrauen in den Staat und die öffentliche Verwaltung sinkt, wenn Ansprüche nicht erfüllt werden können. Zunächst müsste wohl die Verwaltung mehr Digitalisierung intern umsetzen. Dazu braucht es nicht nur die entsprechenden Mittel, sondern auch die erforderlichen Fachkräfte.
Die Umsetzung digitalpolitischer Vorhaben ist auch in unserem Bundesland noch weit von den Zielen entfernt. Es müssten, sollte dies tatsächlich eine Chance haben, wirklich alle Ressourcen auf das digitale Angebot konzentriert werden. Im Gegenzug müsste von den Bürgerinnen und Bürgern auch erwartet werden, dass sie den digitalen Zugang als den einzig gangbaren Weg akzeptieren. Bei allen Fortschritten und digitaler Akzeptanz scheint dies noch ein weiter Weg zu sein.
Vor wenigen Wochen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zum Streikrecht für Lehrer eine wegweisende und richtige Entscheidung getroffen. Diese stärkt und bestätigt das Beamtentum. Wir brauchen gerade in der modernen Gesellschaft das besondere Treueverhältnis für die Beamtinnen und Beamten. Die ständigen Krisen, ob Klimaschutz oder besondere Herausforderungen und Erwartungen in der Daseinsvorsorge zeigen, wie wichtig es ist, dass ein freier Staat als Rechtsstaat handlungsfähig bleibt. Dabei kommt dem Berufsbeamtentum eine entscheidende Rolle zu. In diesem Zusammenhang kann auch darüber nachgedacht werden, ob die Privatisierung der Deutschen Bahn vor vielen Jahren die richtige Entscheidung war. Ein zukunftsfähiger Staat braucht leistungsfähige Strukturen. Die Zukunft basiert auch auf einer funktionierenden Infrastruktur.
 
Anfang Dezember waren die Tarifverhandlungen der Länder von Erfolg gekrönt. In manchen Kreisen wird von einem Rekordtarifabschluss gesprochen. Rasch kündigte Finanzminister Daniel Bayaz an, das Ergebnis zeitgleich und systemgerecht auf die Landesbeamten und die Versorgungsempfänger zu übertragen. Dies wird ausdrücklich begrüßt und geschätzt. Leider ist bis jetzt der weitere Zeitplan noch nicht bekannt. Der Landtag als Gesetzgeber hat dies noch nicht beschlossen. Der Beamtenbund Baden-Württemberg und auch der VdV fordern, für die unteren Besoldungsgruppen zu der zum 01.11.2024 vorgesehen 3,6-prozentigen Besoldungserhöhung einen Zuschlag zu gewähren. Vor dem Jahreswechsel gab es dazu vom Finanzministerium positive Signale, aber entschieden ist dies noch lange nicht. Wir bleiben an der Sache dran und werden dies neben anderen wichtigen Themen bei den politischen Gesprächen in den nächsten Wochen deutlich artikulieren.

Jochen Müller
Verbandsvorsitzender


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